Erfahrungsbericht vom Besuch in der Rosenstadt Forst (Lausitz)
Rosen, Ruinen und Radwege
Brandenburgs Gärten und Parks ohne Barrieren bereisen, das bedeutet viel mehr als nur barrierefreie Zugänge. Dr. Sigrid Arnade und Günter Heiden aus Berlin haben unsere Gartentour selbst ausprobiert. Ein Erfahrungsbericht aus Forst (Lausitz), wo es seit mehr als 100 Jahren den Ostdeutschen Rosengarten gibt.
Kennen Sie Forst? Nein, ich meine nicht den Wald, den Forst. Ich meine die Rosenstadt Forst (Lausitz). Sie liegt östlich von Cottbus an der Neiße, unweit der Grenze zu Polen. Ein Besuch der einstigen Tuchmacherstadt mit ihrem mehr als 100-jährigen Rosengarten lohnt sich.
Auch als Rollstuhlfahrerin macht es mir Spaß, zwei Attraktionen dieser kleinen Stadt zu erkunden. Zunächst geht es in den rund 17 Hektar großen Rosengarten. Die historische Parkanlage aus dem Jahr 1913 steht unter Denkmalschutz. Zu bewundern sind zehntausende Rosen, darunter botanische Besonderheiten. Kein Wunder, dass der Stadt 2004 der Titel „Rosenstadt“ verliehen wurde. Das ebenerdige Besucher- und Ausstellungszentrum verfügt über einen automatischen Türöffner. Ebenso die Wege im Park sind gut berollbar. Unterwegs laden Wasserspiele, Bänke, ein barrierefreies Restaurant und ein ebensolches Café zum Verweilen ein, und mehrere barrierefreie Toiletten sind leicht auffindbar. Allerdings sind einige Infotafeln teils zu hoch angebracht. Es ist ratsam, sich vorab über die barrierefreie Wegeführung im Park zu informieren, vor allem darüber, wie man stufenlos in den tiefer gelegenen Jubiläumsgarten gelangt.
Wer sich darüber hinaus für die Geschichte von Forst (Lausitz) interessiert, sollte sich den etwa fünf Kilometer langen „Bildungspfad der Industriekultur“ nicht entgehen lassen. Auf zehn Schautafeln erhalten Besucherinnen und Besucher Informationen über den industriellen Aufstieg der Tuchmacherstadt im 19. Jahrhundert, die Bedeutung der Stadteisenbahn, der Stadtmühle, des Heizkraftwerks, der Webschule. Imposant sind vor allem die historischen, teils verfallenden Fabrikkomplexe oder Villen, in denen einst die Fabrikanten lebten. Der rund anderthalb Kilometer lange Bildungspfad beginnt und endet am Bahnhof. Zunächst ist der Weg etwas holprig, teilweise gilt es immer wieder, Abschnitte aus historischem Kopfsteinpflaster zu meistern. Für rollstuhlnutzende Gäste empfiehlt sich daher eine Begleitperson. Einen Flyer zum Weg sollte man mitbringen und des Kartenlesens kundig sein, denn Hinweise zum Pfad oder zur Wegeführung sucht man vergebens. Der größte Teil der Strecke lässt sich auf einem asphaltierten Fahrradweg entlang des Mühlgrabens leicht berollen, und abgesenkte Bürgersteige erleichtern den Straßenübergang. Dann wieder versperren Betonblöcke den Weg über eine Brücke, und die Überquerung der verkehrsreichen Berliner Straße kurz vor dem Ziel ohne Ampel oder Zebrastreifen ist gefährlich.
Fazit: Der Pfad der Industriekultur ist für rollstuhlnutzende Gäste nicht ganz problemlos zu bewältigen, vermittelt aber nachhaltige Eindrücke.
Kennen Sie Forst, die Rosenstadt? Vielleicht noch nicht, aber bestimmt verbinden Sie schon jetzt nicht nur den Rosengarten mit dieser Stadt in der Lausitz, sondern auch das Wissen um ihre lebendige industrielle Vergangenheit.
Dr. Sigrid Arnade ist Sprecherin für Gender und Diversity bei der Interessenvertretung „Selbstbestimmt Leben in Deutschland“ e.V. sowie Sprecherin der LIGA Selbstvertretung Berlin, der politischen Interessenvertretung behinderter Menschen in Deutschland.
Tipp: Das Ausstellungszentrum des Ostdeutschen Rosengartens hält ein spezielles Ringbuch mit zahlreichen Informationen zur Barrierefreiheit bereit. Es stellt einige Elemente des historischen Parks in Wort und Bild, Brailleschrift und in Schwarzschrift taktilen Motiven vor. Ein taktiler Lageplan mit den wichtigsten Punkten komplettiert das Buch.